Weiße Wände (gibt es keine)

2. November 2015


 

Eröffnungsperformance am 2.10.2015 in der Galerie Erlas, Traunkirchen

(…)

Inspiration. Inspirieren, einatmen. Nun habe ich noch einen letzten Atemzug, meinen letzten Atemzug in dieser Performance, und eine Bitte an dich, Olympia.

Ich habe es sagen gehört, dass es im Leben vielleicht nur eine wirklich ernste Liebe gibt, die Liebe zu Gott, die Liebe zur heiligen Jungfrau, die Liebe einer Mutter für ihr Kind, die Liebe zur Kunst. Oder die erste Liebe, die ich je hatte, vielleicht ist es sie – – – – – die Malerei.

Und es heißt, dass wer wirklich so von einer Liebe besessen ist wie ich, für den gibt es nichts anderes mehr auf der Welt.

Olympia

Bild umdrehen.

Schon die Liebe eines Vaters zu seinem Kind kann dagegen nur schwer mithalten, und eine Ehe und jedwede Liebe zwischen Mann und Frau, das ist sowieso nichts anderes alles eine Art Performance, ein ständiges Experiment am lebenden Objekt. Und vielleicht ist das auch besser so. Denn diese eine, meine große Liebe kann tyrannisch sein, brutal und zerstörerisch, und viel zu lange habe ich sie gesucht.

Nochmals umdrehen. Distanz.

Zu Bota gehen, Text lesen.

Sie bringt uns Unheil, diese eine große Liebe. So wie jene auch Zerstörung über dieses unser Land bringen, die von der wahren Liebe zu den Leuten sprechen, der Heimatliebe, die Liebe zu Gott und Vaterland und Muttersprache und anständiger, österreichischer Kunst. Was sie euch versprechen, ist ein heiliges ein-und-alles, die Wahrheit. DIE WAHRHEIT, die keine Vorder- und keine Rückseite kennt, sondern nur eins ist. Und ihr habt sie gewählt, das Eine, die eine heilige Kuh, die Wahrheit.

Hinknien vor Maurertrog, mit Traunseewasser gefüllt.

So möchte ich jetzt noch einmal beten, und flehen, wasche mich rein von diesem Weiß auf meiner Haut. Reinige mich von der Reinheit, die es nicht gut meint mit uns.

Im Namen der Atelierfrische und der Atelierfreiheit, und allen die hier noch anwesend sind. Vertrauen Sie niemanden, der ihnen die Wahrheit verspricht, oder die große Liebe, oder ein Fehlerfreies, unbeflecktes leben, so ganz weiß auf Weiß.

Kopf Eintauchen

Adam_Bota_Waschung

Misstrauen Sie auch allen Scharlatenen, die so tun, als hätten sie bloß die weiße Veste an, misstrauen sie auch mir, und misstrauen sie überhaupt allen Sprechern und ihren Versprechen, und höre sie lieber auf die Versprecher. Denn weiße Wände gibt es keine.

Tauchen, dann weißen Roller holen. Roller waschen.

Mögen wir, auch in dieser Ausstellung, in dieser wunderbaren Galerie am Traunsee, nochmal genau hinsehen auf diese weißen Wände, und gerade die menschlichen Makel und die Flecken und den Schmutz darauf am allermeisten schätzen – als wären gerade sie die höchste Form der Malerei.

Bleiben wir im Fluss, solange die Farbe noch frisch ist. Werden Sie, werden wir alle selber Maler, die wir unsere Pinsel und Farbroller tief eintauchen in die menschlichen Ablagerungen und Sedimente, in unsere innersten Gefühle, unsere Abgründe, und unser Bewusstsein für das, was Roger Schindler Schönheit nennt – dafür gibt es keine andere Vorlage, als unser eigenes Empfinden.

Pinsel ablegen. Aufstehen. Farbe zu.

Im Namen des Rüsselritters und der Atelierfrische – möge das Wasser des Traunsees jetzt alles von mir gedachte und gesagte in sich und mit sich tragen, und die Frische und das unendliche Potential der Kunst jetzt in uns allen drinnen sein. Diese Ausstellung ist hiermit eröffnet.