Schubhaftzentrum Vordernberg
Seit nunmehr zwei Wochen arbeite ich an einem Text über das neue Schubhaftzentrum Vordernberg, in der Steiermark. Der Text beruht auf einem längeren Gespräch, das ich mit einem der Architekten geführt habe: Michael Anhammer, von SUE Architekten, die 2010 den EU-weiten Wettbewerb für diess Schubhaftzentrum gewonnen haben. Es ist eine unglaublich schwierige Aufgabe, diesen Text in Form zu bringen, bei der Sache zu bleiben, zu dokumentieren und nicht vorschnell oder gar persönlich zu werten; und zugleich aber auch nicht nur in der technisch-architektonisch-administrativen Welt von “Lösungen” zu verharren. Nun aber drängt der Abgabetermin immer mehr, und ich brauche tatsächlich auch eine gute “Lösung”; es bleibt wie auch bei kniffeligen Roman-Kapiteln nur noch die physische Bearbeitung mit der Schere.
Dabei scheint es mir, als sieht mein Text zunehmend auch aus wie das Schubhaftzentrum, mit seiner ambivalenten Riegel-und-Finger Struktur:
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Mittels eines Schubhaftzentrum wird “sortiert”, wer drinnen bleiben darf (in Österreich/in der EU) und wer nicht; und Textbearbeitung habe ich selten so stark als Zensur erlebt wie in diesem Fall. Es wird auch sortiert, und wie ich die Schnitte auch setze, die Entscheidung ist immer eine politische und ideologische. Es ist weniger eine Frage der Diskussion, sondern mehr eine Frage der Wechselseitigen Vereinahmungen, zwischen Gesellschaft, EU, Innenministerium, Architekten, Wirtschaft, Ort, Wertigkeit, Autorenschaft.
(Oberes Photo: Sue Architekten, Wien; http://www.sue-architekten.at/)
Vom Modell in die Wirklichkeit. Von der Idee zum Wort zur Plan zur gesellschaftlichen und gebauten Realität. Gefangen vom Diskurs, Diskurs der Gefangenschaft. Die Begriffe, die Legitimationen und Fragen begleiten die Entstehung dieses Gebäudes, die Entwicklung der Gesellschaft, sie treiben sie mal voran und hinken ihr dann wiederum nach.
Das Schubhaftzentrum Vordernberg wird jedenfalls im Dezember dieses Jahres fertiggestellt. Und dieser Text dazu erscheint mehr oder minder zeitgleich, in der Anthologie “Riots im Gläsernen Käfig” des Literaturhaus NÖ, herausgegeben von Robert Prosser.
Bitte fragt danach, ich glaube ich war selten mit so einer ethischen Gratwanderung konfrontiert, und kann SUE Architekten nur meine Respekt zollen, dass sie der Sache nicht aus dem Weg gegangen sind; und was Michael Anhammer dazu zu sagen hat, verdient gelesen und gehört zu werden. Denn soviel steht fest: “Einfache Lösung gibt es keine.”
(Oberes Photo: Sue Architekten, Wien; http://www.sue-architekten.at/)