Love. Coming Soon.
Diese Wandskulptur aus schwarzem Granit von Arnold Reinthaler war Teil meiner Performance “Weiße Wände gibt es keine” in der Galerie Erlas, Traunkirchen. Es entstand dafür eine Art 1-Mann Oper, der gesprochene und gesungene Text begleitet von Keyboard und Drummaschine. Hier der Text, video. coming soon.:
Keyboard Drum intro. Lesen mit Echo-Stimme.
2015, 2019, 2024, 2028. 3, 9. 6 8 . 1.
Zahlen wie das Ticken einer Uhr-Uhr-Uhr, der Verlauf der Zeit, das Tippen einer Tastatur, ferne Leuchtspuren einer Weltgeschichte, die nicht unsere ist, denn-denn-denn wir warten noch auf etwas, was uns wirklich betrifft, etwas persönliches, zum Beispiel die Liebe,
REFRAIN (Zu Publikum singen): Love coming soon, love coming soon
Hi-Hat.
das Klicken eines Feuerzeugs, alles prasselt unentwegt auf unser Wände ein, es ist die Zeit die unsere Wände schmutzig macht, es ist der Dreck, der von der Strasse kommt und sich sammelt, der seinen Weg selbst durch dichteste Fenster findet.
REFRAIN: Love coming soon, love coming soon
Bassdrum + Snaredrum.
Licht an, Licht aus, Licht an, Licht aus, Licht an, [schnell] aufstehen-zähneputzen-arbeiten-essen-DVD-ficken-schlafen-licht aus, licht an, licht aus, licht an [3xWiederholen] Fingerabrücke entstehen, um die Lichtschalter herum, darum werden unsere Wände von Tag zu Tag und Jahr zu Jahr immer schmutziger, der Schmutz von
Haarschuppen, Schweiß, und Atem
Haarschuppen, Schweiß, und Atem
Haarschuppen, Schweiß, und Atem
Haarschuppen, Schweiß, und Atem auf den Wänden, schwarzgraues Wandkonzentrat, schwarz wie Granit,
REFRAIN: Love coming soon, love coming soon
Doppeltes Tempo. Snaredrum & Congas
Konzentration von Staub steigt, Zigarettenrauch steigt zur Decke, Küchengeräte, Küchengerüche fallen herab, einstürzende Duschkabinen, Duschdampf aus der Dusche, Schampoo, Schimmel, Schrammen, Kratzer, Krater, Dellen, Zeitspuren, Zeitschmutz, eine neue alte Farbe entsteht, eine Farbe die keinen Namen hat, sondern nur Menschlich ist. Kein Weiß, nur Düstergrau und schwarz-in-schwarz klebt die Menschheit an den Wänden, und wartet, und wartet, die Wände warten, die Wände warten dass Menschen kommen die alles wieder frisch und weiß machen
REFRAIN: Love coming soon, love coming soon
Langsam. Hi-Hat
Und die Tage fliessen, fliessen davon, und das Tageslicht wirkt ein auf die Wände, wirkt-wirkt ein, Einwirkung, eine Wirkung, im Verlauf der Zeit, Verlauf der Sonne am Himmel und der Mondschein von milliarden Jahren und Milliarden Träume, die an den Tapeten haften, und Ängste und Gespräche haften an den Wänden, Telefonate, Schreikrämpfe, Schluchzer, Jauchzer, Grunzer die aus unseren Wänden hallen, unsere Wände tragen den Schmutz von Milliarden Jahren, der Schmutz ist wie aus Granit gehauen.
Drums out. Hinter Wandstück mit Tapete gehen. Anheben. Sprechende Wand nähert sich dem Publikum
Die Zeit ist der Schmutz der sich auf weißen Wänden einmeiselt, wie Morgentau aus altem Speiseöl.
Die Zeit ist der Schmutz der sich auf weißen Wänden einmeiselt, wie Morgentau aus altem Speiseöl.
Die Zeit ist der Schmutz der sich auf weißen Wänden einmeiselt, wie Morgentau aus altem Speiseöl.
Und die Tapeten vergilben. Und was vergilbt wird immer dünkler, bis man die Wände vor lauter Schmutz nicht mehr sieht, und nur noch etwas hört, man hört nur noch etwas, das Radio der Nachbarin vielleicht, das durch die Wände hallt. Die Nachbarin, die schon so alt ist, dass sie nicht mehr rauswill, und sich nur noch langweilt. Und nichts wird ihr heller mehr. Nichts wird heller mit der Zeit, nur dünkler, das Licht zerbricht, schwarz-in-schwarz wie diese Wandskulptur, diese Zeitstruktur von Arnold Reinthaler.
Love Coming Soon. Never. Niemals. Nicht heute. Nicht morgen. Kein Heute ohne morgen. Oder gestern?
HEUTE-Zeitungen unter Tapete ausbreiten. Spachteln und Übermalen mit weißer Dispersionsfarbe. Dazu frei erzählen aus der Vergangenheit, vom Ausmalen und Verlassen von berliner Wohnungen.
[….]
Ich stehe jetzt vor einer frisch gemalten weißen Wand.
Eine weiße Wand, die nichts anderes ist als der Spiegel meiner Seele, die ich irgendwann, irgendwo verloren habe.
Und es ist eigentlich verdammt einfach, viel zu einfach, durch Wände zu gehen.
Wissen Sie, wie leicht man durch Wände gehen kann, wenn man seine Seele einmal verloren hat – und sei es auch nur für einen Augenblick?
Und ich werde jetzt durch diese weiße Wand gehen.