Forget Silicon Valley
Serverfarm, Suchmaschinen, Silizium, Stromverbrauch? Vielleicht in Palo Alto oder Mountain View, aber sicher nicht in Sungate-Valley (oben), u.a. Sitz der Firma Sonnentor. Hier konnte ich mich während eines überaus beeindruckenden 2-tägigen Besuchs überzeugen, wie Wirtschaft auch ganz anders funktionieren kann. Das Grundprinzip ist schnell erklärt: der im Vergleich zu Kalifornien eher geringe Kapitaleinsatz und die im Vergleich zu Kalifornien sogar noch viel bescheideneren Sonnenstunden werden mit umso höherem Kräutereinsatz und Waldviertler Heimarbeit an langen Winterabenden kompensiert. Oder, anders gesagt: Saisonal ist hier definitiv das neue just-in-Time (man achte insb. auf die QR-Codes unter den Kräutersäcken, Unten).
Das exzellente Sonnentor-Restaurant “Leibspeis”, eine ortstypische Hanf-Holz-Photovoltaik Konstruktion (“Die Sonne schickt uns keine Stromrechnung”) in dezent skandivischer Fichtenwipfel-Sonnenhut-Parasol-Optik. Verkocht wird hier grundsätzlich nur, was entweder direkt in, neben oder unter der Küche wächst, bzw sich dort freiwillig unter der Woche zur Schlachtung, Fermentierung, oder schonend veganen Würzung meldet. Der dabei nicht anfallende Müll wird sorgsam getrennt, darauf achten der smarte Schmetterlingsflieder und eine hyperintelligente Rosmarinweidencloud (unten).
Es war ein Arbeitstag wie jeder anderer in Sungate-Valley: Hildegard-von-Bingen-Andacht und Corporate Religion im großen “Teeater”, Logistikdocks 3 & 4, Sinne-Suchende BesucherInnen (oben). Indessen ging eine von mehr als 300 top-motivierten Sonnentor-MitarbeiterInnen in die Knie, um die Dinkelspelz-Recycling-Baumscheibe unweit des neu angelegten Permakultur-Regenwasserspeicherteichs zu jäten (unten). In diesem Teich wird in Zukunft nicht nur Regenwasser und Wärme gespeichert, sondern auch Rohrkolben geerntet, woraus sich zB schmackhaftes Rohrkolben-Mus gewinnen lässt (“Achtung, Zirbe, deine Tage sind gezählt!”). Der Permakultur-Lehrpfad zeigt südseitig ausgerichtete und angewinkelte Hügelbeete, denn, wie gesagt, in Sonnentor-Valley soll jeder Sonnenstrahl eingefangen und genutzt werden, so dass er am besten gar nicht erst bis nach Kalifornien kommt.
Keine Disruption, sondern harmonische Evolution hat das Sonnentor-Sortiment auf rund 800 Produkte anwachsen lassen, vom klassischen Gute-Laune-Tee (1988! Wer kauft heute noch einen Apple IIGs?) bis zum Goldenen Kurkuma Immun-Antriebstee (2016! Das Jahr, in dem das iPhone schön langsam wieder in Vergessenheit geriet). Exportiert wird in 50 Länder, verkauft in Biomärkten, Franchise-Stores, sowie online. E-Commerce Versand & Verpackung erfolgen auch vor Ort im Waldviertel (oben). Was immer Steve Jobs dazu gesagt hätte, das letzte Wort in Sungate-Valley hat immer noch Business-&-Tea-Evangelist Johannes Gutmann, der am liebsten von der Teekanne herab predigt: Halleluja!
PS: Und wie diese Erfolgsstory weitergeht? Das könnt ihr in meiner großen Reportage in der nächsten FREUDE im Oktober kostenlos, portofrei und selbstverständlich rückstandsfrei kompostierbar nachlesen.